Fragen & Antworten zu Kurzarbeit & Arbeitsrecht

Wir beschäftigen uns fortlaufend mit den aktuellen Entwicklungen und neuen rechtlichen Fragestellungen. Unter dieser Rubrik finden Sie einen Ausschnitt davon:

Aufgrund der Corona-Krise stehen viele Unternehmer vor der Situation, dass Aufträge und Arbeit wegbrechen. Sie können ihre Mitarbeiter nicht mehr ausreichend beschäftigen, müssen aber die laufenden Löhne weiter entrichten. Für eine derartige Situation gibt es das Kurzarbeitergeld. Die Bundesregierung hat die Voraussetzungen und Wirkungen für Kurzarbeit vereinfacht, um dieses bewährte Mittel zum Erhalt von Arbeitsplätzen möglichst vielen Unternehmern zu ermöglichen. Neu ist u.a., dass übergangsweise die vollen Sozialbeiträge den Arbeitgebern durch den Staat getragen werden. Auch wurde die Bezugsdauer auf bis zu 24 Monate erweitert. Diese Regelung wurde zuletzt verlängert, derzeit bis zum 31. März 2022.

Diese Erleichterungen wurden in den Medien und Veröffentlichungen bereits ausgiebig behandelt. Dennoch stellen sich in der Beratungspraxis Fragen u.a. zum Arbeitsrecht, die hier behandelt werden sollen.

Was muss ich aus arbeitsrechtlicher Sicht bei Kurzarbeit beachten?

Kurzarbeit kann nicht einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden. Es reicht nicht, dass Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit beantragt wird. Sondern es braucht auch eine vertragliche Grundlage im Verhältnis zum Arbeitnehmer. Eine solche findet sich manchmal in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen. Unter engen Voraussetzungen können dazu Regelung auch in Arbeitsverträge aufgenommen werden. In allen anderen Fällen muss die Kurzarbeit mit jedem Arbeitnehmer individuell vereinbart werden. Vorsicht: Wenn man eine solche Vereinbarung nicht nachweisen kann, könnte der Arbeitnehmer später u.U. den vollen Lohn beanspruchen, z.B. wenn man Arbeitnehmer einfach nach Hause schickt.

Praktischer Tipp: Zumindest sollte man als Arbeitgeber Stundenzettel erstellen, auf denen je Arbeitstag die verminderten Stunden aufgelistet werden und der Mitarbeiter darauf bestätigt, dass er mit der verminderten Arbeitszeit einverstanden ist. Eine klare Dokumentation wird auch später für eine mögliche Überprüfung des Arbeitsausfalls durch die Arbeitsagentur hilfreich.

Und wenn sich der Arbeitnehmer weigert?

Ist der Arbeitnehmer nicht mit der Kürzung der Arbeitszeit einverstanden, so bleibt dem Arbeitgeber nichts anderes übrig, als formal eine Änderungskündigung zur Kurzarbeit auszusprechen. Wendet sich der Arbeitnehmer auch dagegen, kommt eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Beides kann aber je nach geltenden Kündigungsfristen wenig praktikabel sein. Oft empfiehlt es sich daher, die aktuelle Krisenlage mit den Mitarbeitern offen und lösungsorientiert zu besprechen.

Darf ich dem Mitarbeiter während der Kurzarbeit auch kündigen?

Ja, auch während der Kurzarbeit besteht weiter die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung (mit Frist) oder verhaltensbedingten fristlosen Kündigung (z.B. bei Fehlverhalten des Mitarbeiters), wenn die Voraussetzungen vorliegen. Bei Betrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, also in der Regel bei mehr als 10 Arbeitnehmern, ist aber eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Dann besteht nur die Möglichkeit zur betriebsbedingten Kündigung. Fällt aufgrund betrieblicher Erfordernisse z.B. durch Auftragsrückgang eine Arbeitsstelle weg, darf der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen. Allerdings sind dann die formalen Voraussetzungen zu beachten und u.U. eine Sozialauswahl zwischen mehreren Arbeitnehmern zu treffen.

Was muss ich bei Kündigungen während Kurzarbeit beachten?

Kurzarbeit soll gerade Kündigungen verhindern, deren Grund (z.B. der Auftragsrückgang) nur für eine beschränkte Dauer bestehen wird. Stellt sich aber heraus, dass der Arbeitsplatz für eine längere Zeit wegfällt, ist eine betriebsbedingte Kündigung weiter möglich. Allerdings sollte man als Arbeitgeber dies dann genau begründen und später darlegen können.

Und was ist, wenn das Arbeitsverhältnis bereits vorher gekündigt wurde?

Dann gibt es kein Kurzarbeitergeld für den Arbeitnehmer. Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt sein darf. Wird die Kündigung erst später ausgesprochen, entfällt das Kurzarbeitergeld ab diesem Zeitpunkt. Anders ist dies nur, wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung klagt.

Geht der Arbeitnehmer also bis zum Ablauf der Kündigungsfrist leer aus?

Nein, nicht unbedingt. Kürzt etwa der Arbeitgeber einseitig den Lohn aus betrieblichen Gründen während Kurzarbeit, so kann der Arbeitnehmer selbst fristlos kündigen. Er erhält dann u.U. Arbeitslosengeld (ALG I).

 Was geschieht mit Arbeitszeitguthaben?

Arbeitszeitguthaben müssen nach bisherigem Stand zunächst aufgebraucht werden, bevor Kurzarbeit möglich ist. Denn die Kurzarbeit soll einen Arbeitsplatzverlust verhindern. Ist der Arbeitsplatz aber noch sicher, weil noch Arbeitszeitguthaben aufgebraucht werden kann, besteht kein Grund für Kurzarbeit.

Wie sieht es bei Krankheit des Arbeitnehmers aus?

Solange der Arbeitnehmer noch Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber erhält (i.d.R. für 6 Wochen), erhält er diese Fortzahlung nur in der Höhe des Kurzarbeitergeldes, wenn er während der Kurzarbeit erkrankt. War er bereits vorher krankgeschrieben, bevor die Kurzarbeit eingeführt wird, erhält der Arbeitnehmer für fortbestehende Arbeit Lohnfortzahlung (wenn auf seinen Arbeitsplatz nicht 100 % Kurzarbeit anfällt) sowie das Krankengeld in Höhe des Kurzarbeiterentgelts. Dies muss der Arbeitnehmer abrechnen und auszahlen. In beiden Fällen erhält der Arbeitnehmer nur eine Entgeltfortzahlung in Höhe des Kurzarbeiterentgelts (d.h. 60 % oder 67 % mit Kindern).

Macht es einen Unterschied für den Arbeitgeber, ob Mitarbeiter schon vor der Kurzarbeit krankgeschrieben wurden?

Ja, und zwar für die Zeit der Entgeltfortzahlung. Das wirkt sich dann aus, wenn die Kurzarbeit nicht 100 % beträgt:

Wird z.B. nur Kurzarbeit zu 75% der Arbeitszeit je Arbeitnehmer eingeführt, muss der Arbeitgeber für die verbleibenden 25 % die normale Lohnfortzahlung in voller Höhe zahlen. Wenn der Mitarbeiter während der Kurzarbeit erkrankt bemisst sich für die 75 % Kurzarbeit die Lohnfortzahlung am geringeren Kurzarbeitergeld, wie es von auch von der Arbeitsagentur erstattet wird.

War der Mitarbeiter aber schon vor der Kurzarbeit krankgeschrieben, so muss der Arbeitgeber in dem Fall für die 25% normale Lohnfortzahlung leisten. Für den Anteil, der auf die Kurzarbeit entfällt, in unserem Beispiel 75 % der Arbeitszeit, erhält der Mitarbeiter aber bereits Krankengeld. Das muss zwar auch der Arbeitgeber zunächst berechnen und auszahlen. Der Arbeitgeber erhält dieses Krankengeld aber von der Krankenkasse erstattet und muss für diesen Anteil keine Lohnfortzahlung leisten.

 Und was passiert, wenn die Lohnfortzahlung ausläuft?

Der Arbeitgeber muss dann kein weiteres Entgelt mehr zahlen. Denn der Arbeitnehmer erhält wie üblich das normale Krankengeld von der Krankenkasse. Dies bemisst sich wieder nach dem regulären vollen Entgelt. Es beträgt grundsätzlich 70 % des Bruttogehaltes, maximal 90 % des Nettolohnes.

Was gibt es sonst noch zu beachten?

Im Allgemeinen muss der Antrag auf Kurzarbeit rechtzeitig bei der zuständigen Agentur für Arbeit gestellt werden. Der Antrag kann aktuell rückwirkend für den laufenden Monat gestellt werden. Die Voraussetzungen für die Einführung der Kurzarbeit sind anzugeben und glaubhaft zu machen, was allerdings in Zeiten der Corona-Krise keine zu hohen Anforderungen darstellen wird. In mitbestimmten Betrieben besteht eine Zustimmungspflicht des Betriebsrates.

Die weitere Abwicklung erfolgt dann im Rahmen der Lohnbuchhaltung. Dabei sind dann die genauen Leistungen je nach tatsächlichem Arbeitsausfall geltend zu machen und zu errechnen. Dies muss innerhalb von 3 Monaten geschehen.

Auch wenn aufgrund der derzeitigen Krisensituation zu erwarten ist, dass die Behörden das Kurzarbeitergeld unkompliziert gewähren werden, ist damit zu rechnen, dass in der Folgezeit die Voraussetzungen rückwirkend überprüft werden. Daher ist dringend zu empfehlen, vor allem den tatsächlichen Arbeitsausfall gründlich zu dokumentieren.

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Dieser Beitrag entstand auf Anregung und in Zusammenarbeit mit Herrn Steuerberater Tim Essing, Mühlheim am Main.

Von Rechtsanwalt Dominik Hoidn

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